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Stand 10.06.2011 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Epistemisches Zeichnen I Epistemisches Zeichnen ist eine zeichnerische Form der Generierung und der Weiterverarbeitung eigenen Wissens: vom Denken als kognitivem Verarbeiten her betrachtet, ist das Zeichnen zu einem Medium geworden, in dem sich das Denken vollzieht; vom Zeichnen her betrachtet, ist dieses nicht mehr nur ein Instrument, schon Gedachtes und oder auch abrufbares Wissen einzusetzen, sondern auch ein Instrument des Präzisierens, des Erweiterns, ja des Weiterentwickelns von Modellen, bzw. Wissen. Was epistemisches Zeichnen bedeutet, ist an den Arbeiten von Kater gut zu untersuchen. Kater hat einige Funktionen des Zeichnes sehr bewußt genutzt, die in den gängigen Aufzählungen der Möglichkeiten der Zeichnung meist nicht genug gewürdigt werden: 1. die selbstregulative Funktion des operativen Zeichnens bei der Planung und Durchführung des eigenen Verhaltens, also die Schaffung eines Operationsraums für "Systeme von Handlungsweisen". 2. Zeichen, bzw. Zeichenzusammenhänge, werden im Operationsraum der Zeichnung sozusagen zu "sich verhaltenden" Objekten, die untereinander agieren können. Zeichnen wird so ein Instrument nicht nur zur Abbildung, sondern auch zur Herstellung von Sachverhalten. II Wichtig dazu folgender schlicht klingender Hinweis, der aber erst einmal nachvollzogen sein will: Die Zeichenkette (Konfiguration), bzw. der Gedanke dahinter "erklärt" die einzelnen Zeichen und nicht, wie gemeinhin angenommen, die einzelnen Zeichen die Zeichenkette, bzw. den Gedanken. Die Bedeutung eines Zeichens ergibt sich aus der Stelle, die es innerhalb einer Zeichenkonfiguration einnimmt, die Bedeutung wird (auch) durch die Platzierung bestimmt: Stellenwertsemantik. Konstruktion und externe Interpretation einer Zeichenkonfiguration (einer Zeichnung) sind nicht (immer) deckungsgleich. Obwohl eine Zeichenkonfiguration unterschiedlich interpretiert und auch eine zu treffende Aussage mit unterschiedlichen Zeichenkonfigurationen dargestellt werden kann, ist doch die interne Korrektheit der Ableitungen und Folgerungen nicht in Frage gestellt. III Die intensive Nutzung der Möglichkeiten des Speicherns, Wiederholens und Revidierens macht Katers Form des Zeichnens mit seinen Darstellern zu einem heuristischen Entdeckungsverfahren, die Darsteller werden zu Operatoren im Suchraum und zum Medium der Suche. Zur Werkzeugfunktion dieser Form des Zeichnens kommt die mediale Funktion. Kater zeichnet für sich selbst, also illokutionsabgewandt oder -vergessen*, das heißt: Perspektivierungen für allfällige Betrachter (verbunden mit Problemen der Notwendigkeit der Nachvollziehbarkeit des Gesehenen) sind zunächst einmal nicht notwendig und stehen nicht im Vordergrund. Kater zeichnet Wissen schaffend, also epistemisch-heuristisch, nicht Wissen wiedergebend. Zeichnen bedeutet Einfälle fördern und Aufmerksamkeit staffeln. IV Eine Zeichnung ist (auch) das Ergebnis der Dynamik der Einfälle. Die Strategie wird in diesem Fall dadurch bestimmt, wie man das Denken organisiert, das zu den Einfällen führen soll und wie man aus Einfällen weitere Einfälle gewinnt und wie man sie festhält, bzw. ausarbeitet: Etwas, nennen wir es A, hat irgendwie, höchstwahrscheinlich im Hinblick auf X, mit B zu tun. A und B sind wesenhafte Einheiten, vielleicht Wissenselemente, vielleicht gestalthafte Emotionen, die nun zeichnerisch miteinander in Beziehung gesetzt werden... und bei dem "in Beziehung setzen" wird gleichzeitig die Art der jeweiligen Beziehung untersucht... und welche Rolle X dabei spielt. Einen Einfall haben heißt jetzt, während des Zeichnens die aufgezeichneten Beziehungen weiter zu entwickeln und zu erkunden: Präzise Zusammenhänge sind nur über das Denken und das Zeichnen zu bekommen. Etwas umgeschriebene ("zeichnen" für "schreiben") Quellen: Hanspeter Ortner in: Schreiben. Von intuitiven zu professionellen Schreibstrategien. Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften; Auflage: 2. A. (2003) und: Eigler, Gunther/Jechle, Thomas/Merziger, Gabriele/Winter, Alexander (1987): Über Beziehungen von Wissen und Textproduzieren. In: Unterrichtswissenschaft, H. 4, 382-395. * (vgl. Ehlich, Konrad: Funktion und Struktur schriftlicher Kommunikation. In: Schrift und Schriftlichkeit. H. Günter, Berlin 1994, S. 26) |
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