Texte aus dem Jahr 2000
 

Hannes Kater verstehen. Eine Sympathiebroschüre
Eine praktische kleine Einführung in die Welt von Hannes Kater.

   
Inhaltsverzeichnis

1. Semantische Modelle
2. Erzählen
3. Der Zeichnungsgenerator
4. Den Zeichnungen Raum geben
5. Statistische Untersuchung des Darstellers 'Gehirn"
6. Bild- und Textnachweis



1. Semantische Modelle

Kann man
Denken zeichnen? Kann man zeichnend denken? Welche Prozesse finden wie und wo statt, wenn man denkt?
"Datenverarbeitung" - und nicht Signalübertragung und Signal-speicherung - bilden doch wohl den Kern der kognitiven Prozesse. Die für Rechenprozesse im logisch-mathematischen Bereich not-wendigen Beziehungen verstehen wir heute recht gut, daher auch die erfolgreiche Computerentwicklung. Die Struktur semantischer Beziehungen aber, wie sie in der funktionalen und anatomischen Organisation unseres Gehirns verkörpert ist und uns auf andere reagieren und mit anderen durch Sprache und Verhalten interagieren läßt, wird erst langsam verständlich.

Bis vor kurzem waren die Linguisten nicht besonders hilfreich für die Lösung dieses Problems. Sie haben sich fast ausschließlich mit der Syntax beschäftigt, d.h. mit den Regeln, nach denen Symbole zu "richtig scheinenden" Ketten verknüpft werden können, Semantik dagegen, d.h. die Regeln, die diesen Symbolketten Bedeutung verleihen, war lange Zeit nicht gefragt. Seit klargeworden ist,
dass syntaktische Ambiguitäten im semantischen Bereich disambiguiert werden, ist ein deutlicher Wandel eingetreten. Der neu entstandene Forschungsbereich der Psycholinguistik beschäftigt sich auch mit dem "Rechnen" im semantischen Bereich.

Für Sie nun ein
Beispiel für die Visualisierung semantischen Rechnens, entwickelt von P. Weston. Weston hat die implizite Relationenstruktur jener Denkaufgaben untersucht, in denen am Anfang eine Geschichte (eine Situation) in Form einer Menge scheinbar unverbundener Aussagen steht und daraufhin Fragen nach Einzelheiten gestellt werden, deren Beantwortung unmöglich scheint. Rätselfans bezeichnen sie als den ?Smith-Robinson-Jones"-Typ.

Das Beispiel:
Ein Zug wird von drei Männern geführt, von Smith (S1), Robinson (R1) und Jones (J1). Sie sind Lokomotivführer (E), Heizer (F), und Bremser (B), aber nicht notwendig in dieser Reihenfolge. Im Zug befinden sich drei Geschäftsleute mit den gleichen Namen, Mr. Smith (S2), Mr. Robinson (R2) und Mr. Jones (J2). Für alle gelten die folgenden Tatsachen:

1. Mr. Robinson lebt in Detroit.
2. Der Bremser lebt genau in der Mitte zwischen Chicago und Detroit.
3. Mr. Jones verdient genau 20.000 Dollar im Jahr.
4. Smith hat den Heizer im Billard geschlagen.
5. Der nächste Nachbar des Bremsers, einer der Passagiere, verdient dreimal so viel wie der Bremser, der 10.000 Dollar im Jahr verdient.
6. Der Passagier, der den gleichen Namen hat wie der Bremser, lebt in Chicago.

Das alles ist gegeben. Daraufhin werden z. B. die folgenden Fragen gestellt: "Wer ist der Lokführer?"
Oder: "Welche Beziehung besteht zwischen Jones und dem Passagier, der den gleichen Namen hat wie der Lokführer?" Usw.

us Weston, P.: "To Uncover; To Deduce; To Conclude", Comp. Stud. in the Humanities and Verbal Behavior vol. 3(2), 1970 Wie lassen sich nun diese anscheinend ganz unmöglichen Fragen beantworten? Weston hat sich gefragt, ob die in der Problem-beschreibung dargestellte Situation in eine einzige komplexe Relationenstruktur übersetzt werden kann (oder nicht), die als Basis für alle von den gestellten Fragen geforderten Operationen dienen könnte. Er stellte fest, dass im gegebenen Fall die Relationenstruktur der Problembeschreibung auf fünf binären Relationen zwischen Elementen aus fünf verschiedenen Mengen beruht: der Menge der Zugleute, TM, mit den Elementen Smith, Robinson, Jones; der Menge der Tätigkeiten, J, = Lokführer, Heizer, Bremser; der Menge der Passagiere, P; der Orte, L; der Gehälter, S; - mit ihren jeweils leicht bestimmbaren Elementen. Die fünf binären Relationen heißen "Gleichnamigkeit", n; "Tätigkeit", o; "schlägt - gewinnt gegen", w; "wohnt in", r; und "verdient Geld", m. Diese Relationen heißen "binär", denn sie behaupten eine Beziehung zwischen zwei "Variablen", z.B. n (x,y), oder in Worten: "x hat den gleichen Namen wie y". Ebenso bedeutet m (x,y) "x verdient im Jahr y Dollar", usw.
Nach dieser Klärung läßt sich die gesamte Situation tatsächlich durch eine einzige Relationsstruktur abbilden (siehe Abb.).
Die semantische Struktur der "Smith-Robinson-Jones" - Problembeschreibung
Mengen werden durch entsprechend bezeichnete waagerechte Linien dargestellt, Elemente als Punkte auf den zugehörigen "Mengen-linien", und Relationen durch die Buchstabenketten aus den Namen der Relationen, die die jeweiligen Elemente miteinander verbinden. Sie können ohne große Mühe die Problembeschreibung aus dieser Abbildung "ablesen" und umgekehrt. Die Abbildung zeigt die "Datenbasis", auf der alle weiteren Einschätzungen des Beziehungsgeflechts vorgenommen werden können. Beachten Sie bitte als erstes, dass diese Datenbasis der anderen Datenbasis (Text) äquivalent ist, allerdings mit dem Unterschied, dass Sie nun das semantische Modell der Problem-stellung direkt betrachten können, während es als Text undurch-schaubar scheint. Darüber hinaus läßt sich für diese Art von Darstellung ein "Algorithmus" formulieren, d.h. eine Struktur er-kennen, nach der alle Beziehungen der Elemente untereinander bestimmt, also alle erforderlichen "Rechnungen" ausgeführt werden können.


In dem zweiten Abschnitt Erzählen geht es um Kater als Erzähler.

 Zum Seitenanfang



[ Home | Zeichnungsgenerator | Aktuell | Zeichnungen | Projekte | Texte | Service ]
[ Impressum | Mail an Hannes Kater ]