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Pressespiegel |
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25.09.2002 Gifhorner Rundschau
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Wie Darsteller auf einer Bühne
Hannes Kater macht sich zur Zeichnungsmaschine, schöpft Produktivität aus Freiheit und Beschränkung
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Von Anja Alisch
GIFHORN. Fast möchte der Besucher beim Eintritt in die Räume des Kunstvereins ausrufen: "Das ist ja gar keine Galerie!" Zu sehr erinnern Kisten mit geordneten Skizzen, ein Arbeitstisch inmitten von Styropor-
schnitzeln, Projektoren, Computer und ein halb gemachtes Bett an ein be-
triebsames Ein-Mann-Designerstudio.
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Hannes Kater selbst ist inmitten der Präsentation aktiv, hat erst in Gifhorn das körnige Verpackungsmaterial als Zeichengrund entdeckt und möchte daran, vor der Ausstellungseröffnung am Sonntag noch von einer Erkältung lahmgelegt, auch während der nächsten zwei Wochen noch weiterarbeiten.
Im Gegensatz zu vielen Künstlerkollegen ist Kater kein schweigsames in sich gekehrtes Individuum, sondern spricht gern über seine Arbeiten. Und die sind im Grund mit wenig im Kunstbetrieb vergleichbar. Aber haben erstaunlich viel mit Sprache zu tun. Kater macht sich selbst zur "Zeichnungsmaschine", lässt sich Ideen, Ge-
dankengebilde oder einfach erzählte Erlebnisse vorgeben und setzt diese mit roten und blauen Filzstiften in auf den ersten Blick komplizierte und verschlüsselte Zeichnungen um.
Wie in einer Sprache erfindet er einen Code, nennt die einzelnen, immer wiederkehrenden Zeichen aus seinem unendlichen Vorrat "Darsteller", die er auf das leere Blatt wie auf eine Bühne stellt. Ein Taschentuchknoten steht für Erinnerung, was wie ein Croissant anmutet, steht für das Gehirn und das Herz wird durch eine kanopenartige Form symbolisiert. Die Welt in Katers Zeichnungen bekommt dadurch eine seltsame Vertrautheit, eine subtile Comicwelt in der sich die Traumszenarien des M.C. Escher und Jean Effels "kleiner Engel" zu begegnen scheinen.
Knapp 100 Aufträge für solche Zeichnungen gingen innerhalb von drei Jahren bei Kater ein - aber ihm ist das nicht genug, Anregungen fehlen. Dabei - ein Kuriosum - kostet der Zeichenauftrag nur den Preis für einen Brief oder eine E-mail. Ein Drittel meldet sich nie wieder, ein Drittel gibt ein kurzes Feedback, der Rest wird konkreter, antwortet manchmal auch. "Das passt nicht zu meinem Wohnzimmer."
Seine Arbeitsweise stellt Kater in Zusammenhang zu Kleists Essay "Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden", meint: "Am Anfang steht das Ende nicht fest, aber das irritiert nicht." Zeichnen wird bei ihm ein ähnlich automatisierter Vorgang wie "Autofahren. Es heißt immer, da ist die Gehirnfunktion ganz aufs Motorische zurückgefahren. Und weil ich keinen Führerschein habe, muss ich eben zeichnen". Geht ihm sein fremd bestimmtes Thema nicht nahe, dann betrachtet er es wie mit einem Fernrohr, kann Produktivität sowohl aus Freiheit wie aus Beschränkung schöpfen.
Wer jetzt glaubt, Katers Kunst sei ein umständliches "Denk und Dachte", der wird beim Betrachten von viel hintersinnigem Humor in den Bildwelten überrascht. Und die Miniaturtafel mit der Aufschrift "Du sollst keine interaktive Kunst machen" reizt geradezu, den kleinen Schwamm zu ergreifen und zu löschen oder nach winziger Kreide zu suchen, um das leere Pendant daneben zu beschreiben.
Die Ausstellung ist bis zum 27. Oktober zu sehen.
Donnerstag von 17 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag von 11 bis 17 Uhr.
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