Projekt Nr. 20
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Der Zeichnungsgenerator – Gespräch: Bjørn Melhus / Hannes Kater
Teil 2
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Material:
- Ausstellungskonzept
- Rundgang durch die Ausstellung
- Die Räume von Hannes Kater
Gespräche zur Ausstellung:
Bjørn Melhus (2. Künstler)
Diana Dietz (Assistenz)
Silke Boerma (Kuratorin)
Armin Chozinski (Helfer)
Gabriele Mackert (Autorin)
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Arbeitsweisen...

Bjørn
: Aha... (Pause) Wo wolltest du denn hin? Und lag es ausschließlich an der fehlenden Zeit, dass du nicht das realiseren konntest, was Du Dir vorgenommen hattest?
Hannes: Es lag schon hochgradig an der fehlenden Zeit, dass ich so unzufrieden war.... fehlende Zeit und deshalb dann auch fehlende Kraft.... ein emotionales auf der Höhe zu sein, das Richtige tun können, war so nicht mehr möglich... das hört sich jetzt für dich vielleicht ein bißchen seltsam an.
   So blieb vieles nur anformuliert und unentschieden... stell Dir vor – jetzt als Beispiel – Du hast einen recht guten Text geschrieben, es ist spät geworden und Du bist müde... und Du nimmst Dir vor, am nächsten Tag nochmal drüber zu gehn, ihn wirklich auf den Punkt zu bringen... und dann bekommst Du dazu keine Gelegenheit mehr, Du musst den Text so abgeben... Wobei... manchmal ist das nicht fertig Formulierte sehr viel spannender als das zu Ende Formulierte, aber in dem Moment war das für mich so, dass ich erstmal sauer war, auch enttäuscht.
Bjørn: Gut, klar, geht man in so eine Ausstellung rein und will was zu Ende formulieren... aber ist das nicht manchmal auch so, dass... ich bin oft auch erstmal ziemlich enttäuscht mit den Dingen, die ich gemacht habe. Es gibt ja einerseits das, wo man hinmöchte und das, was man sucht. Und es ist auch gut, immer unzufrieden zu sein, aber letztendlich auf dem Weg, diese Dinge, die auf diesem Weg entstehen, auch im Rückblick... also ich weiß es, damals, mit so einer Arbeit wie "again and again", ich habe sie gehaßt, ich war ein dreiviertel Jahr total unzufrieden damit.
   Mittlerweile, also im Rückblick, wenn man den gesamten Weg betrachtet, ist das... es verändert sich ja dann auch. Arbeiten und Ausstellungen haben ja im Kontext der weiteren Entwicklung und der Zeit dann irgendwann nochmal eine Betrachtung. Du darfst nicht nur die Ausstellung als das momentane Ergebnis von dieser Zeit sehen.
Hannes: Hmh... Wobei eine Ausstellung, wenn man eine Ausstellung als eine Arbeit betrachtet, den Nachteil hat, dass sie sehr schnell abgebaut und damit weg ist.
Bjørn: Die Erfahrbarkeit ist nicht mehr da, das stimmt natürlich.
Hannes: Das ist ein Problem, das scheinst du ja auch zu haben. Wenn du Rauminstallationen machst oder eine Ausstellung realisierst... wenn du nicht genug Zeit hattest, wenn du nicht hinterher gekommen bist, das sozusagen nicht eingeholt hast... und eine Betrachtung aus einem größeren zeitlichen Abstand ist natürlich nicht möglich.
   Aber lass uns doch mal über die Planungsphase sprechen.
Bjørn: Ja, ich weiß ja gar nicht, wie weit du mit der Planung warst, du warst ja davor noch bis Ende März in New York...
Hannes: Ich hatte eigentlich nichts geplant. Ich bin wiedergekommen und ich habe... also die Raumkonzepte sind ja teilweise während der Gespräche mit Silke entstanden... Silke wollte wissen, was ich vorhatte, und während ich mit der Straßenbahn zum Kunstverein fuhr, habe ich mir überlegt, was ich ihr sagen kann und teilweise war das noch nicht mal fertig überlegt, sondern... als ich konkret da war, hatte ich dann also irgendwie so... [schnippt]
Da war einfach höchste Not, ich muss jetzt was sagen, was ich eigentlich mache.
[Björn lacht die ganze Zeit]
Und Silke hat halt nicht begriffen, dieses Wachsende, dass du irgendwo anfängst und dass es wachsen muss. Und immer dieses Irritation, Silke wollte immerzu wissen, was ich mache, und ich war sozusagen immer gerade fünf Minuten vor ihr. Also ich dachte mir was aus und Silke kam schon an, und fragte "was machst du denn nun?"...
Bjørn: Aber hattet ihr jemals auch so über deine Arbeitsweise gesprochen? Also dass du jetzt nicht der...
Hannes: Ansatzweise schon. Aber nicht wirklich endgültig. Oder sie wollte sich das auch so nicht bieten lassen, glaube ich, in der letzten Konsequenz. Und sie meinte, sie sei halt neugierig.
   Und es war dann ja auch eine Erfahrung, sie so weit ranzulassen an diese Produktionsphase. Ich fand das am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig, aber gegen Ende hatte ich mich daran gewöhnt, das war dann irgendwie auch ganz schön. Also wenn jemand so früh kommt und fragt, dann muss man halt was formulieren, da kann auch was entstehen...
   Ich weiß nicht... ein Grundgefühl, was ich während der ganzen Produktion hatte, war Ohnmacht. Also: nicht genug Kraft, nicht genug Geld, nicht genug Zeit. Wobei: ich kann auch in eine Ausstellungssituation reingehen, wo ich weiß, ich gebe fünfzig Mark aus, und zwar weil ich aus irgendeinem Grund noch einen Topf Farbe kaufe und das war`s. Dann weiß ich um meine Mittel und mache was Entsprechendes und fühle mich gar nicht ohnmächtig, sondern superflexibel und toll... und gut ist.
   Nur diese Hannoveraner Geschichte war begleitet mit einem Ohnmachtsgefühl. Nie wusste ich wirklich wieviel Mittel da sind, hatte irgendwie immer auch ein schlechtes Gefühl, wenn ich wieder mal fragen oder jemanden drum bitten musste, schraub mir doch mal da was ran... das kostet wieder was extra... Ich hatte dann auch bald den Eindruck, dass eine wirkliche Transparenz nicht gewollt war.
Bjørn: Klar, es ist sehr schwierig bei deiner Arbeitsweise, mit sowas umzugehen. Ich konnte von Anfang an sagen, ich habe dreißig Observateure, die müssen an die Wand geschraubt werden, ich habe das, das, das und das, es müssen zwei Leinwände aufgehängt werden und das ist es. Ich musste nur noch verkabeln. Die Arbeit war ja schon Monate vorher genau definiert.
   Du hingegen willst Deinen Spielraum definiert haben...
Hannes: ...innerhalb dem ich dann machen kann, was sich so ergibt...
Bjørn: ... eigentlich ein Blanko-Scheck...
Hannes: Ja, und den stellt dir keiner aus!
Bjørn: ...den stellt dir keiner aus, genau.


Räume bedingen
Arbeiten...
Hannes: Ich meine, andersrum wäre doch folgende Situation für Dich auch toll gewesen: man hätte die Monitore montiert, erstens mit der Option, wir können die nochmal anders aufhängen, und zweitens, du hast drei Wochen Zeit, du kannst den Computer mitnehmen und alle Szenen mal vor Ort ausprobieren und dann machst du erst deinen endgültigen Filmschnitt. Den hast du doch sozusagen als Blindschuss gemacht. Du hast nach einer Idee gearbeitet und dann vor Ort ausprobiert, ob es funktioniert, ohne noch groß was verändern zu können.
   Ich würde so nicht arbeiten wollen. Ich bin ja auch mit meinen Ideen in die Räume gegangen und hatte dann die Möglichkeit, vor Ort daran zu arbeiten, bzw. neue Ideen erst vor Ort zu entwickeln. Ich glaube, ich wäre Amok gelaufen in deiner Situation. Ich hätte gesagt, Leute, tut mir schrecklich leid, aber die Ausstellung, die können wir gerne eröffnen, aber ich werde noch eine Woche weiter arbeiten!
[Beide freuen sich]
Das ist doch unerträglich!
Bjørn: Ja.
Hannes: Mir ging das ja auch so bei deiner Preisverleihung im Sprengel Museum. Ich fand den Raum relativ mißglückt mit deiner Präsentation... also die Proportionen stimmten nicht, die Winkel stimmten nicht, die Verhältnisse stimmten nicht usw., und es war irgendwie alles zu eng. Und das tat mir nicht so weh, weil ich wusste, ich habe schon mal die Arbeiten in anderen Situationen gesehen, und da war ich relativ glücklich damit.
Aber wenn das das erste Mal gewesen wäre! Da muss es doch stimmen!
Bjørn: Du fandest das zu eng, den Raum?
Hannes: Ja... so ein Lagerfeuer braucht halt auch Raum, du trittst sozusagen aus dem Dunkel an`s Feuer... Aber worauf ich eigentlich hinaus will, wenn ich der Produzent gewesen wäre, dann hätte ich gedacht: leckt mich doch am Arsch, das ist jetzt Preisverleihung, ich habe die Arbeiten schon mal anders gesehen und da war ich zufrieden damit.
   Aber die Ausstellung im Kunstverein war jetzt anders: das wars, das galt, das zählte! Und danach wird es abgebaut und Endet. Und wenn ich an deiner Stelle gewesen wäre, ich hätte versucht, in den Kunstverein einen Computer reinzuschleifen und den Schnitt vor Ort zu machen und rumzuspielen und mal irgendwie, hey, jetzt spiel`ich mal das ein, mal kucken, was passiert, und jetzt ändere ich das Timing mal so und sowas.
Bjørn: Mhm, und das war das andere, warum ich mich auch geärgert habe, also ich hätte das ja gemacht, wenn ich vor Ort gewesen wäre, ja...
Hannes: Hättest du gemacht?
Bjørn: Auf jeden Fall. Also im Vorfeld schon mal, oder zumindest auch schon mal in der Minimo es auszuprobieren, ich meine, so manche Sachen sind ja auch so entwickelt worden. Also, als ich den Turm, also diese Barkos letztes Jahr bei mir...
Hannes: Die standen bei dir rum?
Bjørn: Im Atelier, ja... – die waren ja angeschlossen, ich habe nächtelang damit zugebracht, einfach so Sachen auszuprobieren. Also auch diese Farbgeschichten, gewisse Blenden, wie das so wirkt, wie hell sie den Raum machen... das war ja schon ein Teil der Arbeit, die vorweg gelaufen ist.
   Aber es war schon sehr abstrakt, das von NY aus zu planen und zu denken. Und letztendlich hat das ja auch nicht funktioniert, klar, man muss es im Raum sehen. An dem Abend, wo ich das zum ersten Mal habe laufen lassen, war ich erstmal kreuzunglücklich, weil ich dachte, das geht nicht... das war dann mein Riesenglück, dass ich meinen Computer mitgebracht hatte.
   Für mich hat sich das sehr schnell erschlossen, was nicht funktioniert, ich konnte schnell umbauen... aber ich glaube, man hätte wirklich mit so einer Ausstellung noch was weiter... den Raum zu benutzen und den zum Territorium zu machen, also einfach zum "work-space" zu entwickeln – was ja sowieso viel mehr mit deiner Arbeit zu tun hat, als mit meiner – ja, das wäre natürlich besser gewesen. Aber ich meine, letztendlich ist so ein Haus wie dieser Kunstverein... da muss man sich natürlich auch überlegen, wie solche Ausstellungshäusern funktionieren.
Hannes: Ja... ab einem bestimmten Professionalisierungsgrad bekommt man nur noch Räume mit höchstens 10 Tagen Aufbauzeit. Alle Kunstvereine, Museen und Galerien sind so organisiert. Also einmal ist die Frage – wie geht man damit um? Und ich meine, ich bin ja nach der Eröffnung in Hannover geblieben, hatte aber auch die Nase gestrichen voll, hatte keinen Nerv mehr, an der Ausstellung weiter zu arbeiten, wie ich es ja schon bei anderen Ausstellungen gemacht hatte. Außerdem hatte ich noch diese Katalogproduktion am Hals.
   Was mich z.B. auch genervt hat, war – aber das ahnte ich vorher nicht – dass die Fotos so schnell gemacht werden mussten für den Katalog... mit einem Fotografen. Und ich wusste gar nicht, wie man meine Räume am besten fotografiert, was ich will... und ich konnte dem Fotografen auch nicht wirklich was sagen und was der sich ausdachte, fand ich im nachhinein nicht gut. Ich habe dann erst am Ende der Ausstellung gewusst, wie die Fotos hätten aussehen müssen, und sowas ärgert mich halt kolossal! Also die ganzen Produktionsbedingungen – alles professionell und richtig – aber mein Umgang damit und was ich davon habe und was ich da mitnehmen kann, das ist natürlich was ganz anderes.


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