Projekt Nr. 18
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04.04.2001
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Der Zeichnungsgenerator in New York City  –  Bericht 17
Mit dem Peter Voigt Reisestipendium in New York City
04.03.2001  –  08.03.2001

Samstag, Chinatown: unbestimmt frühlingshaft. Morgen soll es den schwersten Schneesturm seit 10 Jahren geben - falls sich das Wetter nicht vertut und so weiterentwickelt wie vorhergesagt.

Bis dahin fordert die Polizei per Megaphon zum weiterfahren und -gehen auf. Die Canalstreet ist so voller Menschen, wie noch nie in diesem Jahr.

Ungewöhnlich für NYC ist die Langsamkeit, mit der sich die Leute hier über die Trottoirs schieben... Ich weiche auf die Fahrbahn aus, laufe neben, den meist im Stau stehenden, Autos und fühle mich gut. (... ich steh' auf New York.)
(Muss ich das erklären? Vielleicht: "Ich steh auf Berlin", eine Zeile aus einem Song der Band Ideal)

Ob nun der – vielleicht – kommende Sturm, oder der eigentlich schon anbrechende Frühling... – etwas treibt die Menschen hinaus. Und ich bin New Yorker... fühle mich wie einer. Touristen erkennt man nämlich daran, dass sie langsam laufen.

In Chinatown war ich unterwegs, weil mein letzter Tee – selbst der ungeliebte billige – aufgetrunken war, so dass ich zu meinem Teeladen in der Mottstreet musste. Die Mottstreet runter wurde es deutlich ruhiger. Wenn man sich dann, nach dem Einkauf, etwas nach links orientiert, steht auf meinem Lieblingsplatz in Chinatown, dem mit dem kleinen verfallenen und immer gesperrten Tempel, der es trotz seiner klassizistischen Säulen irgendwie noch schafft, chinesisch auszusehen. Vor dem Tempel sitzen auch Vormittags schon immer welchen an kleinen Campingtischen und spielen Spiele, deren Regeln ich auch nicht annähernd durchschaue. Um Geld.

Die Tische sind alle mit frischen Packpapier, das sorgfältig mit Klebestreifen befestigt ist, abgedeckt. Und auf diesen sauberen und übersichtlichen Oberflächen zocken sie, je vier an einem Tisch, mit Spielsteinen, die wie vergrößerte Dominosteine aussehen. Zocken, weil die Gesten denen der Skatspieler erstaunlich ähnlich sind: da wird schon mal ein Stein triumphierend auf den Tisch geknallt – oder resigniert beiläufig rübergeschoben.

Um jeden Tisch mit Spielenden stehen Kiebitze – so fällt mein Gaffen nicht weiter auf. Und fremd wirke ich auch nicht, schließlich ist das New York und nicht China. Und obwohl es New York ist, mitten in Manhattan, dauert es bestimmt eine halbe Stunde, bis der nächste Nicht-Chinese (oder Nicht-Asiat... ) den Platz quert.

Alle – Männer wie Frauen, die jeweils Runden bilden, die unter sich bleiben – sind mit diesen, die Menschen etwas unförmig und asexuell machenden, wattierten Freizeit-Blousons bekleidet. Meist in den Farben: Weinrot, Violett, Dunkelgrün... auffällig wenig Beige dabei und insgesamt alles eher dunkel. Die Köpfe sind in der Regel bedeckt, entweder mit Kaputzen, oder mit Wollmützen. Einige tragen Caps.

Aber diese Kleidung, wie auch die Architektur und das Land in dem sie sich befinden, perlt an ihnen ab, verändert sie nicht wirklich. Nicht für meine Augen.


II.
Später dann, zurück in Brooklyn Heights, finde ich im Supermarkt "Chili con carne - no beans". Lange halte ich die Dose in der Hand: die Verlockung ist groß, dass erste Mal Chili con Carne essen zu können, das mir schmeckt. (ich mag keine Bohnen...)
Aber dann lese ich, was hinten als Inhalt angegeben ist: Chili-Pfeffer, beef, ... und finde das dann doch langweilig. Chili mit Fleisch. Schön nur, dass die im Namen ja auch nicht erwähnten Bohnen diesmal nicht alles verderben.

Dafür kaufe ich wieder geröstete Sonnenblumenkerne. Das ist nämlich echt prima, dass die schon geröstet sind. Wie oft habe ich mir das vorgenommen - Sonnenblumenkerne zu rösten - und wie selten (fast nie) habe ich es gemacht. Geröstet sind sie wirklich leckerer.
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III.
Der Sturm fiel dann aus und es gab schöne Zeitungsschlagzeilen:
The Blizzard that wasn't.

This storm of the century is gonna be another media non-event...
... storm falls short in N.Y.C. as little snow accumulates ...
... accompanying the storm were large doses of confusion and worry.

Forecasters trying to decipher smudges and squiggles on their computers had warned of a storm rivaling the blizzard of 1996...


IV.
... und vor meinem Fenster sah es, das Stürmen, so aus, wie ich mir immer eine Datenautobahn vorgestellt habe: flinke Partikel flitzen zielstrebig ihrem Ziel entgegen... Ob das jetzt noch oder doch der angekündigte Sturm war, oder schon wieder ein anderes, neues, Wetter: es schneite. So richtig.

Und der Frühling ist noch mal verschoben.


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