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01. Juli 2011
* Nach: Philosophische Be-
merkungen von Ludwig
Wittgenstein
30.06.2011
Zeichen sollten...

... sollten sich auf unmittelbare Erfahrungen beziehen – und nicht auf etwas Abstraktes, ein Ding an sich.

Es ist das Wesentliche, dass ich die Erwar-tung nicht nur mit dem muss vergleichen können, was als die endgültige Antwort (Verifikation oder Falsifikation) betrachtet wird, sondern auch mit dem gegenwärtigen Stand der Dinge. Nur das
macht die Erwartung zum Bild.

D.h.: sie muss
jetzt Sinn haben.*



28.06.2011
Eine Poetologie

Nicht die meine, aber doch recht überzeu-
gend – auch wenn ich die aus dieser Hal-
tung entstandenen Gedichte nicht son-
derlich schätze:

   "Es stimmt", schreibt Yves Bonnefoy in einem EMail-Gespräch, das seit Jahren seine bevorzugte Form ist, Interviews zu führen und aus dem die poetologischen Auskünfte dieser Zeilen stammen, "
dass die Poesie ein Versuch ist, der Wirklichkeit auf nichtbegriffliche Weise zu begegnen.
Mit ihren Wörtern trachtet sie danach, den direkten Bezug zu den benannten Sachen zu beleben, damit diese von ihrer begrifflichen Einkerkerung befreiten Gegenwarten für uns einen vollständiger bewohnbaren Ort ergeben.
Nichts ist so falsch, wie alles auf den Diskurs zu reduzieren, auf den notwen-
digerweise begrifflichen Diskurs, der die Wahrheit als Formel anbietet. Die Poesie ist ein Kampf gegen den Diskurs, das, was ich das gesprochene Wort (parole) nenne und seine Wahrheit." [...]
Allerdings: "Um das Projekt der Poesie zu verstehen, muss man sehr wohl begriffliches Denken einsetzen. Ich verlange nur, dass es sich nicht als sein eigenes Ziel ansieht. Es soll sich nicht über Systemen schließen, die sich selbst genügen. [...] Das Gedicht ist viel weniger eine neue Art, in der Welt zu sein, die sich auf keine Formulierung mehr zurückführen ließe, als ein Kampf über mehrere Stufen des Bewusstseins hinweg."

Quelle:
Der Himmel in der Pfütze. Gregor Dotzauer über Yves Bonnefoy am 17.06.2011 im Tagesspiegel



26.06.2011
Lieblingspfeile

Lieblingspfeil Nr. 1243
Buchstabenanzeige an einem Zeigertelegraf
Lieblingspfeil Nr. 1243
Pfeil in Anzeige eines Zeigertelegrafen
Lieblingspfeil Nr. 1243
Früher Pfeil

Der Zeigertelegraf – hier ein Exemplar aus dem Jahr 1856 – erlaubte es, einzelne Buchstaben zu übermitteln, ohne dass man dafür das Morsealphabet lernen musste. Man stellte auf dem sendenen Gerät von Hand einen Buchstaben ein, der dann auf dem empfangenden Gerät angezeigt wurde. Damit war der Zeigertelegraf ein Vorläufer des Fernschreibers und des Telefaxgerätes.

Warum die zwei Pfeile in der Anzeigetafel zum Einsatz kamen? Vielleicht dienten sie zur Überprüfung der Anzeigegenauigkeit: ich sende "Pfeil nach oben", steht Dein Zeiger jetzt auch auf "Pfeil nach oben"?
   Allerdings hätte man das auch mit jedem anderen Zeichen machen können. Oder man signalisierte mit den Pfeilen "Anfang" und "Ende" einer Nachricht? Oder es wurde ein "Senden" und "Empfangen" angezeigt?



25.06.2011
Lieblingspfeile

Hannes Kater - Lieblingspfeil Nr. 1242
Gedoppelter Pfeil am Wartenummerautomaten
Hannes Kater - Lieblingspfeil Nr. 1242
Hannes Kater - Lieblingspfeil Nr. 1242
Bonus: Hinweisschild mit Pfeil und meiner Spiegelung in Glastür und meine Wartenummer auf Umschlag mit Steuerunterlagen und Pfeil
Lieblingspfeil Nr. 1242
Gedoppelter Pfeil

Am Wartenummerautomaten haben mutmaßlich genervte Mitarbeiter des Finanzamtes Prenzlauerberg / Weißensee einen
extra deutlichen Hinweis angebracht, welchen Knopf man für eine Wartenummer für einen Termin für KFZ-Steuer Angelegenheiten drücken muss.


Schlussendlich war ich zwei Mal da, nach dem ersten Mal hatte ich, etwas enttäuscht von der Pfeil-Ausbeute im Finanzamt, vor dem Arbeitsamt, dem sogenannten Jobcenter, fotografiert... Alle die hier ein und aus gingen legten noch weniger Wert darauf als sonst schon die meisten Menschen, die einem beim Fotografieren auf der Straße so vor die Kamera laufen, fotografiert zu werden. Klar.





23.06.2011
Welt, Bild und Schrift

"Hier kehrt einer zu den Wurzeln des Genres
zurück, zu den verdichteten und verrätselten
Innenbildern.
In dieser sensiblen Zeichnung mit dem Titel
"Brief an ..." erscheint einem jede Linie in
ihrer Buchstäblichkeit als eine sich fein
aneinander fügende Letternreihe, mit den
Farbwechseln als Kapitelüberschriften.
So entsteht nicht nur ein Zusammenklang,
sondern ein schlüssiger Zusammenhang
und was ist das anderes als Schrift?"

So – oder ähnlich – hätte man durchaus
über die rechts zu sehende Zeichnung
schreiben können – allerdings nur in Un-
kenntnis des anläßlich der Übereignung
der Grafik stattgehabten Dialogs:

"Papa, guck mal, ich habe dir einen Brief
geschrieben."
"Oh, danke schön."
"Kannst Du ihn mir vorlesen?"
"Weist du denn nicht, was darin steht,
du hast ihn doch selbst geschrieben?"
"Nein, bitte lies du ihn mir vor!"

Ich hatte vorher auf Wunsch des Kindes
einen Brief an eine seiner Puppen ge-
schrieben – und ihn dann auch vorgele-
sen. Die Art und Weise, wie das Kind
nun auch mir einen Brief schreiben wollte
und wie es dann dabei zu Werke ging,
lies mich an Strategien von Künstlern
denken... deren Arbeiten dann bei be-
stimmten Kuratoren
auf Begeisterung
stoßen.



Minimal
"Brief an ... ", Zeichnung von einem hier anonym bleiben wollenden Künstler
WeitereKunstpfeile:
15.05.2011 – Kunstpfeil_24
15.05.2011 – Kunstpfeil_23
01.02.2011 – Kunstpfeil_22
09.07.2010 – Kunstpfeil_21
09.02.2010 – Kunstpfeil_20
02.02.2007 – Kunstpfeil_19
16.11.2006 – Kunstpfeil_18
04.05.2006 – Kunstpfeil_17
30.04.2006 – Kunstpfeil_16
01.11.2005 – Kunstpfeil_15
07.09.2005 – Kunstpfeil_14
27.08.2005 – Kunstpfeil_13
20.08.2005 – Kunstpfeil_12
14.07.2005 – Kunstpfeil_11
14.01.2005 – Kunstpfeil_10
17.12.2004 – Kunstpfeil_09
16.12.2004 – Kunstpfeil_08

18.11.2004 – Kunstpfeil_07
30.01.2004 – Kunstpfeil_06
22.01.2004 – Kunstpfeil_05
21.01.2004 – Kunstpfeil_04
26.12.2003 – Kunstpfeil_03
18.07.2003 – Kunstpfeil_02
09.06.2003 – Kunstpfeil_01

21.06.2011
Kunstpfeil_25

Minimal
Detail der Installation Soil Sample Body Dig von Mariechen Danz
In der mich jetzt nicht so beeindruckenden Ausstellung "based in berlin" gab es immerhin Arbeiten einer Künstlerin zu sehen, die exzessiv mit Pfeilen arbeitete:
Mariechen Danz mit Organ Mapping und Soil Sample Body Dig, wobei mich beide Male der Umgang der Künstlerin mit den Pfeilen nicht sonderlich überzeugte.

Demnächst mehr dazu...






* "Darsteller" nenne ich die
von mir benutzten Sym-
bole. Mehr dazu findet
sich im Darstellerlexikon

**
Ausstellungen mit Legen-
de, bzw. Darstellerlexikon
(Auswahl):
The Feeling of What
Happens
mit Darstel-
lerlexikon im Schrank
2 x einer im Paar mit
Darstellerlexikon auf
der Rückseite der
Stellwand
Der "Hey now" Mo-
ment
mit Darsteller-
lexikon im Pappregal
20.06.2011
Bist Du etwa dafür, das Kunst...

...ablesbare Botschaften meidet?
Diese Frage bezieht sich auf meinen
wohl in diesem Sinne missverständ-
lichen Eintrag vom 17.06.2011.

Nun, ein gutes Beispiel für die Gespräche
darüber, ob – und wenn ja, wie – meine
Arbeit eine klare Botschaft hat oder nur
gerne hätte, waren die Diskussionen mit
Stephan Berg – damals Leiter des Kunst-
vereins Hannover, heute Intendant des
Kunstmuseum Bonn. Berg ist nicht nur
der wohl einflußreichste Kurator und
Lobbyist, mit dem ich es bis jetzt so
zu tun hatte, sondern auch prototypisch
für viele Kunstbetriebsleute mit seiner
Haltung zu meiner Arbeit: er war immer
dagegen, eine Legende (also eine
Zeichenerklärung) zu meinen Darstellern
*
in meinen Ausstellungen
zu zeigen,**
weil er meinte, ich würde so
das Ge-
heimnis
der Arbeit entbergen – und
meine Kunst damit ins Profane ziehen,
sie gar wie zu einer Art Illustration

verkommen lassen.

Mein Versuch der Widerlegung dieser
Ansicht mit Hinweis, dass, wer neben
ein Gedicht ein Lexikon und ein Etymo-
logisches Wörterbuch lege, damit noch
lange nicht das Gedicht interpretiert und
erklärt haben würde, konnte ihn nicht
überzeugen.

Nicht wenige, denen ich von solchen Ge-
sprächen erzählte, meinten, als Kurator
und Kunstvermittler würde Stephan Berg
eben besorgt sein, einen Informationsvor-
sprung (die Grundlage so vieler Geschäfts-
modelle) und somit auch die Deutungs-
hoheit zu verlieren... was sicher nicht
ganz falsch ist. Aber so jemandem wie
Berg habe ich es immer abgenommen,
dass er wirklich an das glaubt, was er
so erzählt...



* Siehe auch meinen pfeil-
kundlichen Beitrag zur
Flitzpipe


Weitere Pfeilsituationen:
Pfeilsituation_15
Pfeilsituation_14
Pfeilsituation_13
Pfeilsitaution_12
Pfeilsitaution_11
Pfeilsitaution_10
Pfeilsitaution_09
Pfeilsitaution_08
Pfeilsitaution_07
Pfeilsitaution_06
Pfeilsitaution_05
Pfeilsitaution_04
Pfeilsitaution_03
Pfeilsitaution_02
Pfeilsitaution_01

19.06.2011
Pfeilsituation_16

Hannes Kater - Lieblingspfeil Nr. 1095
Vor dem JobCenter Pankow
"Den kannste in der Pfeife* rauchen!" Mit sehr heiserer Stimme kommentiert ein vorbei schlendernder Mann die Qualitäten eines Rechtsanwalts, dessen Werbung ich wegen eines in ihr zum Einsatz kommenden eigentümlichen Pfeiles fotografiere.
"Der verspricht viel, tut nüscht und zockt
die Harz-IVler nur ab."
Meine Antwort, dass mich das bei dem
Aussehen und der Platzierung der Wer-
bung nicht weiter überraschen würde, kommentiert er nicht weiter...

Was bedeutet nun aber die seltsame Unterbrechung der Pfeilbahn?
Normaler Weise nutzt man diese grafische
Form, um eine
proportional nicht kor-
rekte
Abbildung eines Größenverhältnis-
ses, etwa in einem Balken-Diagramm
oder bei einer Lageskizze, in einer an-
sonsten doch maßstabsgerechten Grafik
deutlich zu machen.

Ob der hier werbende Anwalt so potentiell Interessierten deutlich machen will, dass
die Länge der Pfeilbahn nicht die Distanz
von diesem Schild bis zu seiner Rechtsan-
waltspraxis nachvollziehbar abbildet?
Oder sind es doch deutlich mehr als 100 Meter? Oder will er nur deutlich machen, dass 100 Meter einem doch deutlich länger vorkommen können, als gedacht?



17.06.2011
Google II

In einer Ausstellungsbesprechung war zu
lesen, man sähe "
eine Kunst, die viel
andeutet, aber ablesbare Botschaf-
ten meidet.
"

Das ist ja nun Mal eine putzige Kritik – ging
es in den letzten 100 Jahren in der (west-
lichen) Kunst auch nur ein einziges Mal um
"ablesbare Botschaften"?

Bei Unklarheiten hilft heutzutage der
Google-
Test
, und der ergibt für "ablesbare Botschaf-
ten" – ohne weitere Zusätze wie Kunst oder
Bild – ganze 6 Treffer! Und darunter sind 4
direkte oder indirekte Hinweise auf den Ar-
tikel, in dem ich das Zitat gefunden habe:
"Hauptstadt der Superbohnen" von Sebasti-
an Preuss über die Ausstellung "Based in
Berlin" in der FR am 15.06.2011.



Ein "gutes Beispiel für die Setzung all-
gemeingültiger Zeichen
ist Mario
Merz mit seinen Iglus." Ach nee?!

Für "Setzung allgemeingültiger Zeichen"
gab es
1 Treffer (!) bei Google - und
zwar zu dem Artikel, aus dem ich das
habe:
"Das Gesicht der Kunst: Die 42. Ausga-
be der Art Basel als Spiegel einer glo-
balen Kunstszene" von Philipp Meier
am 15. Juni 2011 in der NZZ.

Nur "allgemeingültige Zeichen" gibt im-
merhin 197 Treffer – der 1. Treffer ver-
weist zu einer Seite über DIN 21920-1,
der 2. Treffer erklärt, was ein Pikto-
gramm ist und der 3. führt zu "Bergmän-
nisches Rißwerk; Petrographie; Allge-
meingültige Zeichen; Sedimente".
Weiter geht es mit Logodesign, geolo-
gischen Zeichen, Symbolen in SMS
Nachrichten und noch mehr Bodenkun-
de...

Und "allgemeingültige Zeichen" & Kunst
als Suchbegriffe gibt 65 Treffer: der 1.
Treffer ist ein Ausstellungebericht über
eine Doppelausstellung von Joseph Beuys
und Ewald Mataré ("Konzentration und
Offenheit") im Gerhard Marcks Haus in
Bremen im Jahr 2005 mit dem in der
Besprechung auftauchenden Satz: "Bei-
de Künstler suchten durchaus allgemein-
gültige Zeichen."

Über "
nichts meinende Zeichen" hat
anscheinend noch kaum jemand ge-
schrieben:
0 Treffer. Erstaunlich.



15.06.2011
Google I

Minimal
Optosch ähnlich
Minimal
optisch ähnlich
4 Screenshots von Suchergebnissen mit der erneuerten Google-Bildersuche

Unter http://images.google.com/ findet sich die überarbeitete Bildersuche von Google, bei der man auch Bilder als "Suchvorlage" eingeben kann.

Links habe ich 4 Versuche dokumentiert, bei denen ich die Suchmaschine nach Zeichnungen von mir habe suchen lassen.

Beim 1. Versuch (hier die Vorlage) habe ich viele schöne "
optisch ähnliche Bilder" angezeigt bekommen. Ich fühle mich durchaus verstanden.

Beim 2. Versuch (hier die Vorlage) bekomme ich eine
Übereinstimmung angezeigt! Es ist die Zeichnung von mir!
(Ich hatte die Bildvorlage hochgeladen und nicht das Bild von meiner Website als Quelle angegeben. Und das gefundene Bild ist größer und heißt auch etwas anders als die Suchvorlage. Leider erfasst Google nicht alle meine hochgeledenen Zeichnungen und Fotos... )
Und die "optisch ähnlichen Bilder" finde
ich durch die Bank interessant.

Beim 3. und 4. Versuch (hier und hier die Vorlage) wird deutlich, wie sehr die Bildersuche auf Farbe und Struktur der Vorlage reagiert. In beiden Vorlagen gab es – mehr oder weniger – geschlossene und farbige Flächen. Die jeweiligen Suchergebnisse sind von diesem Umstand sehr beeinflusst und unterscheiden sich deshalb deutlich von den Ergebnissen der ersten Bildersuche. Aber beide Male sind wieder viele interessante Vorschläge unter den "optisch ähnlichen Bildern" dabei... allerdings keine "Übereinstimmung".

Für mich ist diese Suchfunktion nicht nur ein prima Spielzeug, sondern durchaus hilfreich, um über meine Bildfindungen nachzudenken.

Über den möglichen Mißbrauch der Funktion mag man gar nicht nachdenken... allerdings lässt Google Aufnahmen von Menschen als Suchvorlage nach eigenen Angaben bewusst nicht zu, selbst wenn das technisch kein Problem darstellt. Nur: das sich da was ändert, ist bestimmt nur eine Frage der Zeit...


Zum Thema Google-Spiele siehe auch mein Beitrag hier zum Google Ngram Viewer.





* Slavoj Zizek: Die Furcht vor
echten Tränen. Krzysztof
Kieslowski und die "Naht-
stelle", Verlag Volk und
Welt, Berlin 2001

14.06.2011
Unangemessene Geschichten

"Man sollte bei dem Film "Lola rennt" denselben Umkehrschluss ziehen, den Fredric Jameson im Hinblick auf Hemingways Stil vorschlug: Es sind nicht die formalen Eigenschaften von "Lola rennt", die die Geschichte angemessen zum Ausdruck bringen, sondern die Geschichte wurde erfunden, um diesen Stil praktizieren zu können."*

In den nächsten Tagen wird es als Tages-
zeichnungen wieder
Auftragszeichnungen zu sehen geben, die nach Texten entstanden sind, die nicht von mir stammen – und die in der Regel nicht mit der Absicht geschrieben worden sind, es mir und meiner Art zu zeichnen leicht zu machen.

Darunter werden zum einen Auftragszeich-
nungen sein, die letztes Jahr für die Gruppenausstellung Je mehr ich zeichne im Museum für Moderne Kunst in Siegen neu entstanden oder neu gezeichnet worden sind und die noch nicht online zu sehen waren. Und zum anderen auch ganz aktuell entstandene Auftragszeichnungen – allerdings oft nach Texten, die sich schon seit einier Zeit bei mir angesammelt haben.



* Jean Giraud, aka Moebius,
2010 in einem schlecht
deutsch eingesprochenen
Fernsehfeature auf Arte.
Giraud ist sicherlich einer
der handwerklich besten
Zeichner der letzten 50
Jahre

** Peter Handke im Gespräch
mit Ulrich Greiner, Oktober
2010, erschienen in der
Zeit.
Das "vorerzählen" weiter
unten ist auch von Handke,
auch aus einem Gespräch
mit Greiner, allerdings aus
dem Jahr 2006
12.06.2011
Lustige Fehler und Offenbarung

"Ich habe drauf los gezeichnet, auf ein-
fachen Zetteln, im Dunkeln, mit ge-
schlossenen Augen, unter einem Handtuch, einer Serviette, einer Decke... [...] und wenn ein mangelhafter Körperbau dabei heraus kommt, verfüge ich immer noch über genügend Wissen, um ihm den
Anschein des Wahrhaftigen zu verleihen.
   [Der Zeichner wird dabei gefilmt, wie er zeichnet: die entstehende Zeichnung und seine Hand mit dem Stift ist groß im Bild zu sehen. Während er zeichnet, spricht er weiter:]
Ich zeichne mal einen Arm. Gut, der ist gar nicht so schlecht. Mit den Rippen
kenne ich mich hingegen nicht so gut aus, also kommen kleine Knubbel dort hin, die so ähnlich aussehen. Beim Schatten des Arms habe ich immer meinen Spaß, es macht mir Freude ihn ganz sorgfältig zu zeichnen. Der Hals sitzt nicht richtig, das macht aber nichts. Ich zeichne eben alles, was zu einem Hals gehört. Da [– der Zeichner setzt eine Linie im Bereich des Oberarms –] ist noch eine kleine Mulde. Über Anatomie wollte ich noch nie genaueres wissen, ich habe auch nie einen Kurs belegt, ich will absolut nichts über den Körperbau wissen, denn sonst kann ich keine lustigen Fehler mehr machen. Jetzt habe ich noch ein bißchen Masse angedeutet, Muskeln und so weiter... gar nicht schlecht platziert. Man könnte meinen, es würde alles stimmen – dabei ist alles falsch."*


"Einer der schönsten Sätze, die ich bei John Cheever gelesen habe, heißt: Erzählen ist nicht Nacherzählen. To tell a story is revelation, ist
Offenbarung. In jeder Geschichte, auch wenn sie ganz real ist, um das Wort realistisch zu vermeiden, muss es eine Offenbarung geben.
Man muss
etwas anderes sehen können als das Kanonisierte. Der Blick des Lesers muss etwas entdecken können vom Menschen, was er vielleicht geahnt hat, was ihm nicht deutlich war. Sonst ist es keine Erzählung. [...] Erzählen heißt Offenbarung, auch für den, der erzählt. Auch er muss überrascht werden von dem, was er erzählt."**


Also – ausnahmsweise mal ein also:
zeichen was man weiß – und wie es kommt. Ohne sich vorher zu viel langweiliges Wissen anzueignen. Nicht nach der Anschauung arbeiten, also nichts abzeichnen, bzw. nachzeichnen. Und auch beim Schreiben nicht nacherzählen, sondern vorerzählen.



* Fritz Mauthner (* 1843
bis † 1923): "Gedächt-
nis und Sprache"

10.06.2011
"Kernschmelze" und "Durchschmelze"

Minimal
Kleines jammerirges Tepco...
Nachrichten aus den letzten Tagen:
8. Juni 2011
TEPCO: Dreifache Kernschmelze bestätigt, Aktie auf Rekordtief
(Quelle: www.emfis.com)

4. Juni 2011
Atomruine Fukushima: Radioaktivität erreicht neuen Rekordwert (Quelle: Stern.de (na ja, ich wollte nicht so lange suchen...))

Oder: dann doch noch mal was zu TEPCO_III

Fukushima und Tschernobyl.

"Wer also eine Sprache verstehen will, wer Erinnerungen mit anderen Menschen austauschen will, der muß mit diesen anderen erst
gemeinsame Erinnerungen an eine gemeinsame Wirklichkeitswelt besitzen."*

Diese
sinnstiftende Grundlage bilden die beiden schlimmsten Unfälle in der Geschichte der zivilen Nutzung der Atomkraft zweifellos.

"Bei dem normalen Menschen ist Sach- und
Wortgedächtnis aufs engste miteinander verbunden. Ja diese Verbindung ist eine bloße Tautologie, wenn ich mit der Behauptung recht habe, daß die Sprache oder der Wortschatz eines Menschen eben nichts anderes sei als sein individuelles Gedächtnis für seine Erfahrung. Die Sprache ist nichts als Gedächtnis, weil sie gar nichts anderes sein kann."*

Von "Kernschmelze" war erstaunlich wenig zu lesen, von "Durchschmelze" noch weniger. Bei der Durchschmelze schmilzt der Kernbrennstoff durch den Boden des beschädigten Reaktordruckbehälters in die umgebenden Sicherheitsbehälter und weiter durch die äußeren Behälter bis in das Erdreich, mit direktem Kontakt zu Luft und Wasser.

Inzwischen finden sich vereinzelte Berichte dazu, wobei mir nie so ganz klar war, wie bei einer Kernschmelze ein Durchschmelzen aus dem Sicherheitsbehälter in den Boden langfristig hätte verhindert werden sollen.




08.06.2011
Liniengedicht

Meine Linien hatten Koliken –
pfurzten rum wie nichts Gutes
jetzt stinken sie nicht mehr
gegen die Welt an


(... so ungefähr waren Gedichte gebaut,
die in den Lesebüchern meiner Schulzeit
standen. Wirklich? Ja.)




Weitere Pfeil-Unschärfen:
Haus: LP 250 und LP 357
Buchstabe "A": LP 324
Buchstabe "E": LP 514
Buchstabe "K": LP 594
Nase: LP 399
Weihnachten 2003: LP 090b
Weihnachten 2004: LP 303
Weihnachten 2005: LP 585
07.06.2011
Pfeil-Pilz-Unschärfe

eigentlich Minimal - hier ist aber ein Pfeil-Pilz unschärfe zu sehen...
16 Pilze – oder 16 eher schludrig gezeichnete Pfeile?
Lieblingspfeil Nr. 1242
Pfeil-Pilz-Unschärfe

Schöne Pfeil-Unschärfe:
Pfeil und Pilz sind nicht sicher auseinander zu halten...




Ausschnitt aus 2. Fassung
War nicht mal Kunst im
Gespräch als Religions-
ersatz, bzw. Nachfolge?
**  Bin nicht bei Facebook...
***  Bin nicht bei... äh...
Ach, das möchte ich
lieber nicht weiter
kommentieren
06.06.2011
Die Kalküle von Ludwig, dem Igel

**** Ulrich Gutmair: Der Kommunis-
mus der Dinge. Eine Kritik zu
"System Neustart" von William
Gibson, TAZ 06.06.2011
"Unsere Gegenwart ist bekanntlich von einem hochtourig laufenden Kapitalismus und einer religiös anmutenden Warenverehrung* geprägt. Jede einzelne Konsumentscheidung bedeutet uns und unseren Facebook-Freunden**, also der Gesellschaft***, irgendwas. Wir drücken unsere Wünsche und Ambitionen durch den Erwerb von Hosen, Autos, Möbeln, Gadgets und Kinderwagen aus."****

Was in der Aufzählung fehlt: Musik. Und Kunst. Nun, es geht in dem Text um Dinge, da ist es nachvollziehbar (wenn auch falsch), dass Musik als Ware keine Rolle spielt.
Aber warum fehlt die Kunst? Vielleicht
weil mit dem Kauf eines Kinderwagens
heute auch ästhetischer Überschuss er-
worben werden kann – etwas, wofür man früher noch Kunst zu kaufen pflegte?



* Michael Althen, * 1962
bis † 2011, war ein le-
senswerter Filmkritiker

04.06.2011
Michael Althen...

... wird in der Form geehrt, dass nach und nach fast alle seine Texte im Netz zugänglich gemacht werden. So traurig der Anlass, so schön diese Geste.*


In der Einleitung zu einem kurzen Gespräch mit
Jean-Luc Godard findet sich dies:

Wo sich jeder durchschnittlich interessierte Kunstliebhaber bereitwillig mit den allerabstraktesten Kunstanstrengungen auseinandersetzt und um Verständnis ringt, da können im Kino die Bemühungen, sich vom Diktat des Geschichtenerzählens zu lösen, schon lange nicht mehr mit der Geduld der Zuschauer rechnen.
Der ultimative Sieg Hollywoods besteht deswegen nicht darin, immer größere Zuschauermassen auf seine Seite zu bringen, sondern darin, auch die sogenannten Intellektuellen davon zu überzeugen, es sei wichtiger, bei „Titanic” mitreden zu können, als den neuen Godard gesehen zu haben. Von seinen letzten fünf Filmen kam nur einer bei uns ins Kino: „Nouvelle Vague” – ohne Erfolg.




02.06.2011
Kleinkind-Zen

Minimal
Löwenmutter mit Löwenbaby – hier, weil wir kein "richtiges" Löwenbaby haben – von einem Hasen dargestellt
Das Kind ruft, dass ich ihm bitte die Badezimmertür aufmachen soll. Warum, frage ich, warum machst du die Tür nicht selber auf? Seine Antwort erstaunt mich: ich kann nicht. Und warum kannst du nicht? Weil es nicht geht. Und warum geht es nicht? Weil.

Also gehe ich nachgucken. Das Kind sitzt vor der Tür auf dem Boden, eine Hand an einem Spielzeug-Schiff mit einigen kleinen Passagieren. Ich erfahre, dass das Schiff nicht vom Boden, also dem Wasser, genommen werden darf. Und auch die Hand muss am Schiff bleiben, weil dieser Kontakt sein Schiff-sein, bzw. sein mit-dem-Schiff-sein, aufrecht erhält. Ich sehe ein: so kann er nicht aufstehen und die Tür aufklinken.

Der Vorfall erinnerte mich an eine Zen-Geschichte über einen Mönch, der von seinem Lehrer die Aufgabe bekommen hatte, über Ochsen zu meditieren. Bei den wöchentlichen Treffen mit seinem Lehrer konnte dieser keine Fortschritte bei seinem Schüler feststellen – wollte ihm aber auch keine weiteren Hinweise zu der Meditationsaufgabe geben.

Obwohl ratlos, wie diese Aufgabe zu lösen sei, meditierte der Schüler weiter. Nach einigen Monaten schließlich verpasste der Schüler seinen wöchentlichen Termin bei seinem Lehrer und so ging der zur Zelle des Mönchs und rief: "Komm heraus, ich habe mit dir zu reden." "Ich kann nicht", antworte der Mönch. "Meine Hörner passen nicht durch die Tür."
Ich kann nicht.... bei diesen Worten erlangte der Mönch die Erleuchtung.



01.06.2011
Lieblingspfeile

Hannes Kater - Lieblingspfeil Nr. 1241
Hannes Kater - Lieblingspfeil Nr. 1241
Ein in Berlin Wedding geparkter Kleinbus
Lieblingspfeil Nr. 1241
Gepunktete Pfeilbahn

Ein Pfeil mit gepunkteter Pfeilbahn ist nie besonders zeigekräftig, in diesem Fall sind allerdings auch noch die Punkte der Pfeilbahn und die Pfeilspitze mit einer zeichnerischen Variante ihrer selbst gefüllt – und so Doppelungen helfen erstaunlicher Weise fast nie, die Zeigewirkung zu stärken.




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Pfeil runter 31. Mai 2011
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